Jung sein

Wer jung ist, probiert sich aus. Kinder im Krabbelalter gehen auf Entdeckungsreise im Wohnzimmer. Irgendwann zwischen 10 und 20 entdecken sie, dass es ein anderes Geschlecht gibt und andere Länder, in die sie reisen. Jung gebliebene Rentner melden sich zu einem Computerkurs an. Jungsein ist nicht nur eine Frage des Alters, sondern auch des Offenseins für Neues.

Der christliche Glaube ermutigt zum Neuen. Zum einen ist sowieso immer alles im Wandel, auch wenn sich der Wandel in den letzten 50 Jahren besonders schnell vollzieht. „Wir haben hier keine bleibende Stadt“ – das wusste schon der Schreiber des Hebräer-Briefes vor knapp 2000 Jahren (nachzulesen in der Bibel Hebräer 13,14). Was bleibt einem also anderes übrig, als sich immer wieder auf Neues einzulassen? Zum anderen liegt im Neuen eine Chance. Der Prophet Jesaja hört Gott sprechen: „Siehe, ich will ein Neues schaffen, jetzt wächst es auf, erkennt ihr’s denn nicht? (Jesaja 43,19). Was so ganz allgemein gilt, gilt natürlich auch für die Kirche. Auch da verändert sich manches:

Längst wächst nicht mehr jeder automatisch in den christlichen Glauben hinein. Lange vorbei die Zeit, in denen aus jeder Familie mindestens einer sonntags in die Kirche ging und jedes Kind schon beim Gute-Nacht-Gebet lernte, dass es einen Gott gibt. Die Traditionen brechen ab. Das mag man bejammern. Besser ist es, Neues zu wagen und wieder neue Wege zu entdecken, die gute Nachricht von der Liebe Gottes zu verbreiten.

Die anglikanische Kirche in England ist auf dem Weg der „Entkirchlichung“ schon einen Schritt weiter und geht sehr ungewohnte Wege, um ihren Auftrag zu erfüllen. So wurde z.B. in Sheffield „eine Kirche für Leute, die nicht in die Kirche gehen“ ins Leben gerufen. Solche revolutionären Aktionen sind bei uns eher selten. Aber auch in unserer Gemeinde gehen wir seit längerem schon mit alternativen Gottesdiensten, Kinderkirche und Gospelchor neue Wege. Eine neue Erfahrung war es für die Konfirmandinnen und Konfirmanden bei der Freizeit im letzten Monat, dass Jugendliche sie bei einem Tauferinnerungsgottesdienst mit einem Wasserkreuz auf der Stirn segnen und die Mahlzeiten mit einem Tischgebet eröffnen. Früher „machte so etwas immer nur der Pastor“.

Es ist nicht alles schlecht, was alt ist. Manches ist sehr gut. Aber viele erreicht es nicht mehr. Dann ist der Auftrag der Kirche, Neues zu wagen. Mit Gottvertrauen können wir es tun.


Ihr W. Dressel

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